Huch, Bandscheibenvorfall! Kann ich trotzdem Yoga praktizieren, Isabel Djukanovic?

Eine Frau mit dunklen, langen Haaren liegt lachend auf dem Boden und streckt die Beine beim Yoga nach oben

Credit: YogaEasy

Ich bin grad Team Handbremse: Seit zwei Jahren beschäftigt mich nun schon mein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, die zu meiner Sollbruchstelle wurde. Denn zwanzig Jahre Bürotisch, zu wenig Bewegung, Dauerstress und leider auch eine sehr ungesunde Haltung beim Lesen im Bett, haben relativ vorhersehbar Probleme im Hals- und Nackenbereich beschert. Jetzt also die Diagnose Bandscheibenvorfall im Nacken, ein großer Mist.

Ich praktiziere daher so gut wie kein Yoga, was wiederum zur Schwächung der ohnehin nicht ideal aufgebauten Muskulatur führt, ich nutze inflationär Wärmepflaster und gehe regelmäßig zu meiner Physio.

Ist Yoga trotz Bandscheibenvorfall eine gute Idee?

Nun frage ich natürlich Ärzt*innen nach ihren Empfehlungen: Yoga nein/ja, welche Bewegung ist ratsam, was kann ich allgemein tun. Bedauerlicherweise sind meine bisherigen Orthopäd*innen schneller Natur und verweisen Zack, Zack nur auf die Physiotherapeut*innen und haben mit Yoga bisher oft noch keine Erfahrungen. Der eine sagt; nein, Yoga führt zu Gelenkschäden, besser damit aufhören; der andere rät, Kraftaufbau sei das A&O, bloß keine Verrenkungen. Hmpf.

Da frage ich doch lieber eine Spezialistin in Sachen Yoga & gesunder Rücken: Isabel Djukanovic, Hamburger Advanced YogicArts Teacher, Thai Yoga Practitioner, Yin-Yogalehrerin und darüber hinaus bei YogaEasy eine der Top-Lehrerinnen. Ihre Videos zum Thema Nacken sind bei mir ein Dauerbrenner & ich kann auch besonders ihre Massage sehr empfehlen.

junieundich: Yoga steht immer wieder in Diskussionen, auch bei richtiger Ausführung, zu Gelenkkrankheiten führen zu können. Was sagst du dazu?

Isabel: Gott sei Dank habe ich das immer nur im Zusammenhang mit nicht korrekter Ausführung gelesen. Es ist doch so, die meisten Menschen bewegen sich zu wenig, da sind sich (hoffentlich) alle einig. Die „korrekte“ Ausführung ist so individuell, wie der Körper oder auch die Lebensumstände jedes Menschen. In der Regel kommt keiner völlig „unbelastet“ zum Yoga. Langes Sitzen, schlechter oder zu wenig Schlaf, einseitige Belastung (denk mal an Pflegekräfte) alte Verletzungen usw., all das steckt bereits im Körper, bevor der große Zeh die Yogamatte berührt. Um darüber wirklich eine Aussage treffen zu können, müsste man viele Menschen ab Geburt begleiten und alle müssten im gleichen Alter mit Yoga beginnen.

Ich persönlich höre viel auf meine Intuition & gehe nicht in Asanas wie dem aufschauenden Hund, in die Sphinx oder in extreme Drehungen, wie Trikonasana, auch schon vor der Diagnose. Was rätst du mir, wie gehe ich, sowohl im Yoga-Live-Unterricht, als auch Zuhause damit um, wenn meine innere Stimme sagt „Stopp, die Bewegung tut mir nicht gut“ & was kann ich stattdessen tun?

Grundsätzlich bedeutet STOPP, Stopp! Es hat einen Grund, dass diese Stimme sich meldet und man sollte erstmal darauf hören. Für fast jede Asana gibt es eine Alternative oder Modifikation und niemand wird durch Kopfstand oder Spagat glücklicher, schöner, reicher und schlauer. Um besser auf dich eingehen zu können, informiere den Yogalehrer VOR der Stunde über deine Verletzungen.

Im zweiten Schritt lohnt es sich, zu gucken, wann meldet sich die Stimme und was sind die Gründe. Menschen, die seit Jahren unter chronischen Schmerzen leiden, schleppen oft Glaubenssätze mit sich herum, die in der Akutphase (nach Unfall, Bandscheibenvorfall, usw.) die absolut richtige Strategie waren, sie jetzt aber evtl. bremsen. Ein Einzeltraining kann da sehr hilfreich sein. Man kann sich ohne eine Gruppe im Nacken, Schritt für Schritt an die „Oh Gott, bitte nicht“-Bewegung herantasten, Alternativen finden und manchmal einen sichern Weg in die Angstposition erarbeiten. Grundsätzlich würde ich nie eine Bewegungsrichtung komplett aus meiner Praxis werfen.

EIne Frau sitzt in einem Schneidersitz in einem Yoga-Studio, hinter ihr ist ein großes Fenster.

Isabel Djukanovic I Credit: YogaEasy

Was sind deine Tipps, um sanft Kraft in dem Bereich Hals, Schultern, Nacken aufzubauen & dabei nicht die gesunden oder ggf. wie bei mir bereits beschädigten Bereiche zu überfordern?

Baue die Übungen von leicht, zu etwas schwerer auf und von kleinen zu großen Bewegungen. Starte mit einfachen Mobilisationsübungen. Halte immer Kontakt zu deiner Atmung. Du erwischst dich beim zu kurzen, zu wenigem oder gar nicht Atmen? Geh wieder einen Schritt zurück. Arbeite mit einer stabilen Basis, beispielsweise Übungen im Liegen, Sitzen oder dem Vierfüsslerstand, bei denen du dich ganz auf die zu kräftigenden Bereiche konzentrieren kannst. Arbeite ohne Schwung und mit Kontrolle. Ich traue mich es fast gar nicht zu sagen, ABER trau dich, dich zu fordern!

Bitte keine Seniorengymnastik. Es darf auch mal anstrengend sein und Kraft wird nur aufgebaut, wenn die Muskulatur auch was tun muss.

Wie schaut deine optimale Vorbereitung und Praxis für einen gesunden Schulter-Nacken-Bereich aus? 

Trainiere deine Flexibilität und Kraft. Meistens sind die Muskeln verkürzt und gleichzeitig zu schwach. Halte die Brustmuskulatur flexibel, sie ist der Gegenspieler zu deinen Schultern und der oberen Rückenmuskulatur. Alles im Körper ist miteinander verbunden, mach also nicht nur isolierte Schulterübungen, sondern bewege immer den ganzen Körper.

Was kann ich abseits der Matte für einen gesunden Schulter-Nacken-Bereich tun?

Von meinen Kunden weiß ich, fast alle mit Schultern- und Nackenproblemen haben eine Knirsch-Schiene und bei fast allen liegt sie im Nachttisch 😉 Wahrscheinlich können es viele nicht mehr hören, aber Stress ist und bleibt ein großer Faktor. Wie schön wäre es, wenn wir keinen hätten. Und mir ist absolut bewusst, dass es Situation gibt, um die man nicht herumkommt, und „Augen zu und durch“ manchmal der einzige Weg ist. Die Last im Kopf hängt nun mal auch als Last in den Schultern.

Ausreichend und erholsamer Schlaf ist genauso wichtig und genauso komplex, wie das Thema Stress. Eine Massage oder der Besuch beim Osteopathen schaden nie, gerne auch dann, wenn alles gut ist und nichts weh tut. Das Auto kommt zur Inspektion, aber unser Körper? Regelmäßige Bewegungspausen wirken (fast) Wunder, genauso wie lautes Mitsingen im Auto oder jede andere Form von tiefem Einatmen und bewusstem Ausatmen. Es gibt sehr schöne Schulter und Nacken Sequenzen online bei YogaEasy, die nicht viel Zeit in Anspruch nehmen und auch vom Schreibtisch aus machbar sind! Ein paar auch von mir!


Fazit: Wir dürfen trotzdem weiterhin Yoga praktizieren, trotz Bandscheibenvorfall. Aber (!) immer unter fachkundiger Anleitung und in Absprache mit Ärzt*innen!

Meine Dauerbrenner-Videos für einen gesunden Rücken von Isabel:

🧘🏻‍♀️ Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich lösen
🧘🏻‍♀️ Morgensequenz für Schultern & Nacken
🧘🏻‍♀️ Selbstmassage bei Kieferverspannung & Kopfschmerz


Eine Frau gibt einer anderen Frau eine Schultermassage

Tipp: Thai-Massage Online-Workshop mit Isabel

Isabel ist nicht nur eine hervorragende Yoga-Lehrerin, sie kann auch wunderbar massieren. Wer neugierig ist: Bei YogaEasy gibt Isabel am 26. Februar einen Online-Thai-Massage-Workshop.

Die traditionelle Thai-Massage ist eine über 2500 Jahre alte Heilbehandlung. Bei dieser Form der Akupressur-Massage werden die zehn Hauptenergie-Linien mit Daumen, Handballen, Ellenbogen, Füßen und Knien in angenehm gleichmäßigem rhythmischem Druck aktiviert.

Für den Workshop benötigst Du eine Massage-willige Person, eine Matte, ein Kopfkissen und eine Decke. Die Kosten für den Workshop betragen 19 €. Infos gibt es bei den YogaEasy Live-Klassen.


Disclaimer: Bei Rückenbeschwerden jeglicher Art sollte immer ein Arzt, eine Ärztin konsultiert werden! Dieser Text darf nicht als medizinische Empfehlung verstanden werden.

Dieser Text erhält freiwillige Werbung.

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