Du darfst auf meine Haut – Naturkosmetik selber machen mit Barbara Hoflacher

Eine Person träufelt Öl auf den Handrücken, auf dem Tisch stehen zwei Öle und eine Kerze

Credit: Chelsea Shapouri I Unsplash

Was weiß ich eigentlich wirklich über meine Haut, bekanntermaßen das größte Organ unseres Körpers und Spiegel unserer Seele? Denke ich eher sorgenvoll an sie, weil mich wieder einmal ein heftiger Juckreiz ärgert oder sie schnell mal blau und fleckig wird, statt strahlend schön und makellos zu erscheinen? Oder mache ich mir die fantastische Hautflora mit ihren winzig-kleinen Millionen von Mikroorganismen, guten und nicht so guten Bakterien, bewusst? Oder erinnere ich mich daran, dass sie mich schützt und kühlt, mir als Sinnesorgan dient und sogar in der Lage ist, Vitamin D zu bilden? Die Haut ist unbestritten ein Wunderwerk und wird zugleich oft schändlich von uns behandelt.

Die Haut ist im wahrsten Sinne des Wortes eine sehr vielschichtige Angelegenheit und für eine gesunde Haut brauchen wir gesunde Pflege, die sie nährt, sie jung und elastisch hält. Und das kann bei genauer Betrachtung einfach kein Produkt mit Erdöl-Anteil sein, denn das verklebt die oberste Haut, lässt sie nicht atmen und hindert somit den Stoffwechselprozess, in den auch unsere Haut eingebunden ist. Aber es gibt Rettung. Und zwar eine, die Jahrhunderte funktioniert hat, bis der Mensch begann, künstliche Pflege herzustellen. Das Ganze nennt sich Phytotherapie – also Pflege auf Basis (selbstgemachter) Naturkosmetik.

Eine Person mit grünen Augen sieht durch grüne Palmenblätter in die Kamera

Credit: Drew Graham I Unsplash

Barbara Hoflacher, Natur-Guru und Naturkosmetik-Expertin, hat mit „Du darfst auf meine Haut“ ein Buch geschrieben – ach was, eine Bibel ist es geradezu! – und darin findet man auf 173 Seiten alles, aber auch wirklich alles, was man wissen muss, um sich mit Naturkosmetik selber zu behandeln, zu heilen, zu verwöhnen und zu pflegen.

Barbara hat einen beeindruckenden Lebenslauf in Sachen Natur vorzuweisen: Sie ist eine ausgebildete Heilpraktikerin, besuchte diverse Lehrgänge in Phytotherapie und Frauenheilkunde und verfügt über eine Ausbildung als Aromakologin sowie zum Thema Aroma- und Heilpflanzenkunde. Die Liebe zur Pflanze wird, glaube ich, sehr deutlich, oder? Sie betreibt zudem mit ihrem Mann die Outdoorschule Heilpflanzen Schule. Hier sammelt sie für ihre Kosmetik Blüten, Nadeln und Harz und was sie sonst noch braucht – kurioserweise dort, wo es wächst und nicht im Supermarkt. Eine Sache, die noch vor 40 Jahren gar nicht so ungewöhnlich war, jetzt scheint sie geradezu zu absurd. Mit Gläsern und Tüten bewaffnet streift sie durch Wald und Flur, sammelt hier einige Kräuter und schabt dort ein wenig Harz, um die kostbaren Schätze zu Hause entweder direkt zu verarbeiten oder schonend zu konservieren. Zudem nutzt sie – für mich als Tierfreund eher schwierig, aber ganzheitlich betrachtet eine nachvollziehbare Idee – auch Tierfett wie Bärenfett oder Schaftalg, setzt in ihrem Buch aber glücklicherweise komplett auf gute Pflanzenfette.

Glaskolben stehen in einem Chemielabor auf einem Tisch

Hans Renier I Unsplash

Konventionelle Kosmetik und ihre gefährlichen Inhaltsstoffe

Zurück zu unserer gesunden Haut: Wir Verbraucher*innen haben über die Jahre brav von Werbetreibenden gelernt, möglichst viele verschiedene Produkte zu verwenden, um uns zu reinigen und auch, um uns zu pflegen. Als da wären Duschgele oder Seifen, Haarshampoos und Pflegespülungen, fertige Peelings, diverse Bodylotions und Cremes, Deodorants, Fußcreme, Handcreme, Gesichtscreme, Seren und Tonics, Cremes und Gele für das Dekolleté, Augenpflege, Gesichtsmasken – und ja, zuletzt habe ich sogar abgepackte Masken für den Hintern entdeckt. Alleine die obige, definitiv nicht vollständige Aufzählung kommt auf mehr als ein Dutzend Produkte, die uns die Industrie nach und nach heimlich in den Badezimmerschrank geschmuggelt hat – so irrsinnige Produkte wie Augenbrauenshampoos nicht eingeschlossen (gibt es tatsächlich!). Unsere Haut, eigentlich gemacht für Selbstreinigung oder maximal die Anwendung von Naturprodukten und klarem Wasser, wird so zum Beispiel systematisch ausgetrocknet, um dann wieder künstliche Feuchtigkeit zugeführt zu bekommen. Und da reden wir bei konventionellen Produktmarken ohne Naturkosmetik-Siegel noch nicht einmal über die vielen problematischen Inhaltsstoffe, denn in Kosmetikprodukten können mehr als 30.000 (!) Substanzen zum Einsatz kommen. Besonders kritische Stoffe wie Paraffine oder PEGs sowie ETHs werden hier ausführlicher von der Verbraucherzentrale aufgezeigt.

Übrigens: Bei Öko-Test schneiden regelmäßig die hochpreisigen Luxus-Marken wie Chanel oder Dior und auch Apothekenmarken wie Avéne und Vichy katastrophal schlecht ab – wegen genau dieser problematischen Inhaltsstoffe, die teilweise hochgradig gesundheitsschädlich sind.

Heutzutage führen viele Drogeriemärkte und sogar Supermärkte Naturkosmetikmarken – einige davon sind echte Pioniere wie Santaverde oder Dr. Hauschka. Allerdings verursachen auch Naturkosmetikmarken bei der Herstellung, beim Packaging und beim Transport CO₂-Emissionen oder Müll. Und hier kommt „Du darfst auf meine Haut“ ins Spiel, das noch nachhaltigere, noch naturnäher und noch individueller auf sich selber abgestimmte Haut- und Körperpflege zeigt.

Eine Asteacerae-Blüte

Ram Kishor I Unsplash

Healthy Glow -mit der Kraft der Natur

Barbara vereint in ihrem Buch ihr tiefgreifendes Wissen mit modernen Ansprüchen an eine gesunde und schöne Haut. In kurzweiligen Texten erklärt sie detailliert, aber überhaupt nicht langatmig, die Grundlagen der selbstgemachten Naturkosmetik. Neben einem einführenden „Was ist Was“ der Naturschätze gibt es ganz konkrete Antworten auf die Fragen, zu welchen Jahreszeiten man wann, was, wo und wie besonders gut findet und erntet. Und auch, wie man das Geerntete unbeschadet nach Hause bekommt. Die Praktikabilität steht bei ihr an vorderster Stelle, weshalb ihre Helfer wie Hautschmeichler-Pflanzenöle, Pflanzenfette oder Bienenfett, Hydrolate oder Zubehöre wie Mörser oder Milchaufschäumer recht simpel daherkommen. Und dann darf man in Rezepten und Bildern schwelgen.

Ganz simpel gesagt gibt es bei Barbara nur auf die Haut, was auch auf den Teller kommt. So gibt es einfache Rezepte zu Herstellung von Kalt- und Warmmazeraten (Pflege auf Ölbasis) wie Vanilleöl (lecker!) zur Massage, Kaffeeöl zur Hautstraffung oder ein Anti-Schmerz-Öl auf Johanniskrautbasis und Weihrauch sowie vielfältige Anleitungen für Schönheits- und Gesundheits-Salben. So sorgt die Kastanienknospe für schöne Beine oder die fruchtige Superpflege mit Basilikum-Apfel-Salbe für tolle Haut. Klingt gut, oder? Das schöne dabei ist einfach diese simple Art der Herstellung, die direkt Lust auf losmixen macht!

Besonders interessant finde ich natürlich alles Wissenswerte rundum erkrankte Haut wie Schuppenflechte, Neurodermitis und allgemein die Themen Juckreiz und Rötungen. Auch hier weiß Barbara Rat: Für diese Art von Hauterkrankungen gibt es zum Beispiel die Beinwellsalbe, die Vogelmiere-, Weihrauch- oder Springkrautsalbe sowie Zubereitungen mit Klettenwurzel. Ich habe bislang ja auch schon mit diversen Ölen experimentiert und Olivenöl und Kokosöl haben bisher für leichte Linderung gesorgt. Auch Aloe vera hat sich bei Juckreiz bewährt. Tatsächlich wird mir immer klarer, dass ich keine Kortison-Präparate mehr nehmen möchte. Meine Haut soll gut genährt werden, um sich selber zu helfen!

Eine Person hält Lavendelblüten in der Hand

Credit: Vero Photoart I Unsplash

Geballtes Wissen der Pflanzenkosmetik

Das Buch hat noch so viele weitere gute Sachen auf Petto: Es gibt vielfältige Tipps zur Gesichtspflege und auch Badesalz-Freund*innen wie Sonnenanbeter*innen werden fündig. Selbstverständlich gibt es auch eigene Abschnitte für die Themen Haar oder Düfte. Alles in allem bekomme ich direkt Lust, sofort mit Schraubglas und Schaber loszumarschieren und mir selber Salben und Tinkturen zu mixen. Aber mal ehrlich, ich lebe mitten in der Großstadt Hamburg und bin umgeben von voll gepinkelten Hundewiesen. Der nächste Wald ist 45 Minuten entfernt. Natürlich stelle ich nicht von heute auf morgen auf „alles selbstgemacht“ um. Das ist auch gar nicht schlimm. Das geballte Wissen hilft mir allerdings, mich im Naturkosmetik-Regal noch besser zurechtfinden zu können. Und dank Barbaras einfachen Rezepten kann ich prima mit meinen selbst gezogenen Kräutern aus dem Hochbeet arbeiten oder Möhrensaft-Trester-Reste zu einem Karotten-Öl verarbeiten. Zudem werde ich im nächsten Urlaub oder beim nächsten Ausflug in den Wald schauen, was ich vielleicht ernten kann. Und dann nennt Barbara in ihrem Buch ja auch noch hilfreiche Bezugsadressen, wo es einiges fertig zu kaufen gibt, was über das normale Sortiment im Bioladen hinausgeht.

Alles in allem ein wundervolles Buch, das sich bei einem Preis von 22,90 Euro auch als Geschenk ganz prima anbietet. Das Buch ist im Löwenzahn-Verlag erschienen – ein übrigens wirklich außergewöhnlicher Verlag: Das gesamte Werk des Verlages ist klimapositiv und Löwenzahn-Bücher werden nach höchsten ökologischen Standards gedruckt: Ausschließlich mit Substanzen, die wieder in den biologischen Kreislauf rückgeführt werden können. Cradle to Cradle™-zertifiziert by gugler, auf Papier, das in Österreich produziert wurde. Und ohne Plastikfolie, die die Bücher unnötig einhüllen.

Der Löwenzahn Verlag hat mir das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!

Zurück
Zurück

Moin, feierwütige Hamburger*innen – tickt ihr eigentlich noch ganz sauber?

Weiter
Weiter

Hot Town, Summer in the City – die besten Yoga-Tipps bei Hitze