Rezension und Verlosung: Klima im Kopf – Katharina van Bronswijk


Man sieht ausgetrocknete Erde vor einer Bergkulisse und Sonnenaufgang

Dürre / Credit: Patrick Hendry, Unsplash

Ich habe ein großes Faible für Menschen, die schlau und eloquent sind. Menschen, die gesellschaftlich was bewegen und gerne mal klare Kante zeigen. Katharina van Bronswijk ist so ein Mensch. Die Psychologin und Verhaltenstherapeutin ist seit 2009 im Klimaschutz aktiv, Sprecherin der Psychologists and Psychotherapists for Future und jetzt auch noch Autorin. „Klima im Kopf“ heißt ihr Buch.

Und weil Katharina nun schon zweimal hier im Blog als Interviewpartnerin zur Verfügung stand, ist es eine Ehrensache, sich im größeren Kontext einer Rezension mit dem Buch auseinander zu setzen.

Kurz zusammengefasst geht’s in dem Buch um Menschen, die die Klimakrise (scheinbar) verdrängen können, um Menschen, die in Klimabewegungen wie den FFF’s aktiv werden, um Klima-Angst bis hin zur climate depression von einzelnen Personen oder ganzen Gruppen. Wie unsere „Klimagefühle“ entstehen, welche psychologischen Mechanismen dahinterstecken und wie wir lernen könne, mit unseren Emotionen auch in Multi-Krisen klarzukommen, davon schreibt sie auf über 200 Seiten im Buch.

Das Buch-Cover von Klima im Kopf ist hier zu sehen

Ich bin ja seit Kindertagen an eine mal kleinere, mal größere Aktivistin und habe daher die „Mir egal“-Haltung einiger Mitmenschen in Bezug auf soziales, ethisches oder eben umweltbewusstes Verhalten nie verstanden. Je älter ich werde, je weniger verstehe ich und je größer die Krise wird, je weniger Geduld kann ich für meine Mitmenschen aufbringen. Darüber habe ich auch schon im letzten Jahr mit Katharina gesprochen, im Blogbeitrag Psychologie und Klimawandel. Und in diesem Jahr in Hinblick auf meine und unser aller Konsumwut.

Katharina hat diese Geduld, den Menschen gegenüber, sie versteht die Mechanismen hinter dem Verhalten, sieht Bedürfnisse, wo ich nur puren Egoismus sehe. Und das erklärt sie in ihrem Buch ganz genau, in Kapiteln, die zum Beispiel „Achselzuckend in die Apokalypse“ oder „Warum tut denn keiner was?“ heißen. Fast ein bisschen, als hätte sie in meinen Kopf geschaut. Aber wo sich mir nur die Fragen stellen, hat sie auch die Antworten drauf. Sie weiß eben, dass wir Menschen nur sehr begrenzt sind in unserer Denkweise und Sichtweite. Unser Gehirn kann offenbar manchmal gar nicht anders. Das führt zu verschiedenen, manchmal schrägen Mustern wie der confirmation bias, in dem unser Hirn sich nur Informationen sichert, die zu unserem bisherigen Weltbild passen. Es ist offenbar sehr umständlich für das Gehirn, die Dinge rational zu betrachten, ohne Einfärbung der eigenen Erlebnisse oder Emotionen.  Es macht dann aus schwarz einfach weiß, damit es passt.

Meine confirmation bias zeigt mir immer wieder nur, wie scheiße Menschen im Umgang mit der Natur sind. Das ist halt mein Weltbild, da rücke ich nicht von ab, ich bin quasi eine Klima-Wut-Bürgerin. Ich sehe dann weniger die Bemühungen vieler, ich sehe den bräsigen Alman vor mir, der eben nur Billigfleisch kauft und SUV fährt, alles andere blende ich aus. Das krasse Gegenteil zu mir ist die optimism bias, die Optimismusverzerrung, „Wird schon gut gehen, brauche ich mich nicht zu bemühen“. Fatal in Hinblick auf die Klimakrise!

Katharina zeigt also allerlei psychologische Muster auf, mit denen unser Hirn auf Ereignisse und Katastrophen reagiert. Und eben auch, wie damit besser umzugehen ist. Wir sind manchmal ganz schöne Herdentiere und laufen gern in der Herde mit. Wenn jetzt plötzlich Herdentiere ausscheren und etwas anders machen, werden wir aber ggf. neugierig und passen uns an, wenn wir sehen, das hat Erfolg. Das wäre in Hinblick auf Klimaarbeit ja zum Beispiel eine tolle Entwicklung. Sowieso zeigt uns Katharina immer wieder auf, dass wir im Kollektiv am besten zusammenarbeiten und uns die Zugehörigkeit zur Gruppe ungemein wichtig und identitätsstiftend ist.

Unsere Identität macht viel mit uns, wenn es um den Umgang mit der Klimakrise und dem Wandel geht. Egal ob im beruflichen Kontext (Bäuer*innen, denen die Höfe wegbrechen durch Dürre oder Überschwemmungen, aber auch Kohle-Kumpel*innen) oder weil wir Teil einer Peer-Group sind, die sehr an kapitalistischen Denkmustern festhält, bspw. FDP-Anhänger*innen (das sagt nicht Katharina, das kam jetzt von mir. Diese armen irregeleiteten, gelb wählenden Menschen!). Immer auch ist unser Umfeld mit daran beteiligt, wie wir denken, handeln, fühlen. Und eben auch darüber schreibt Katharina.

Man sieht eine Demonstration von Klima-Aktivisten, einer hält ein Schild hoch mit einem Schriftzug und einem gezeichneten Baum

Na gut, ich gebe zu, es gibt auch das Bemühen vieler! Credit: Katie Rodriguez/Unsplash

Optimismus und Klima-Resilienz

Im Gegensatz zu mir ist Katharina sehr optimistisch im Glauben an den Veränderungswillen der Menschen, an deren Bereitschaft, Opfer auf sich zu nehmen, damit es auch anderen besser geht. Das sehe ich nicht. Die Klimakrise ist schon da, jetzt und hier spürbar und nichts, was sich kleinreden lässt. Und trotzdem steigen die Menschen in Flugzeuge, lassen ihr Auto laufen im Stehen, kaufen im Supermarkt fast ausschließlich konventionelle Waren und Marken, die ich nicht mit spitzen Fingern anfassen würde. Am Mangel der Aufklärung kann das nicht liegen, schließlich stehen sie am Zeitungsregal vor der Kasse neben den Titelblättern von Spiegel „Hier ruhen unsere Klimaziele“, der Focus titelt „Wasserstoff – Kann das Supergas die Klimakatastrophe stoppen“ oder die lokale Tageszeitung mit den neuesten Hitzerekorden oder trostlosen Bildern der vertrockneten Grünflächen.

Ich möchte diese Leute gerne schütteln oder anschreien, Katharina geht lieber mit ihnen in den Dialog. Für sie ist klar, dass zur kollektiven Veränderung viel Zeit, Empathie und Engagement gefordert sind, auf beiden Seiten.

Wir werden es nicht mehr schaffen, die Klimakrise oder das Artensterben komplett zu verhindern. Wir stecken ja schon mittendrin“ - Katharina van Bronswijk

Wir müssen also Klima resilient werden, uns also anpassen lernen und versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Darum geht es im sechsten Kapitel. Um Multi-Krisen, in den wir ja schon stecken, wie Pandemien, weiteres Artensterben, Kriege (auch bedingt durch die Klimakrise) und Extremwetterereignisse. Man möchte einfach weinen. Es nützt aber nichts, siehe oben, wir müssen uns dem anpassen. Und eine gute Nachricht hat sie dann auch: Weil die Ursachen der Probleme oft miteinander zusammenhängen, sind es die Lösungen auch.

Für unsere Psyche sind das alles sehr herausfordernde Themen und Ereignisse, wir werden immer mehr und besser geschulte Psychotherapeut*innen brauchen, die auf diese Katastrophen-Fälle vorbereitet sind. Hier muss eine ganz neue Denke einsetzen, auch politisch.

Und irgendwie muss sich dann doch jede/r einbringen. Man kann auch im kleinen Kreis disruptiv sein, in dem man anfängt, sich pflanzlich zu ernähren, das Auto abzuschaffen, einer Foodsharing-Kooperative beizutreten. Das Umfeld bekommt diese Veränderungen mit – und schließt sich im besten Falle an. Auch Teil einer Grassroot-Kampagne zu sein, Petitionen anzustoßen oder zu unterstützen bedeutet, etwas zu bewegen. Katharina nennt viele solcher Beispiele im Buch.

Mir besonders zugesagt hat ihre Erklärung, warum es mehr bringt, eine/n Politiker/in in einer Bürgersprechstunde zu befragen, warum diese oder jene Entscheidung im Bundestag gefällt wurde. Das bringt so viel mehr als das in sich hinein brummeln oder zu lamentieren, die „da oben“ hätten ja den Bezug verloren. Katharina beschreibt anschaulich den Tagesablauf von Bundestagsabgeordnet*innen und wer noch nie in den Politbetrieb hineinschauen konnte, der wird sich wundern. Und wer noch nie selbst klitzekleine Entscheidungen auf Kommunalebene verantworten musste, der wundert sich erst recht. Es stehen so viele Hindernisse auf dem Weg zu Entscheidungen – erst, wer sich wirklich mit einbringt und das Wort an eine/n Abgeordneten richtet, der/die kann da mitreden.

Das spielt mir natürlich so in die confirmation bias-Karten, weil ich der aktivistische Typ bin. Doch glaubt mir, auch für Menschen ohne Zeit und Energie, ohne vorheriges Wissen oder ohne Anhaltspunkt, wo man jetzt überhaupt mal anfangen könnte, hält das Buch viele gute Möglichkeiten bereit, sich sinnstiftend einzubringen.

Fazit – und eine Verlosung von Klima im Kopf

Das Buch ist eine Bereicherung für alle, die sich einbringen möchten, die mehr zu den Hintergründen der Klimakrise erfahren möchten, die, die sich für die psychologischen Auswirkungen interessieren und definitiv auch für Therapeut*innen. Und weil ich das Buch – und Katharina – so wertvoll finde, verlose ich ein Exemplar von „Klimagefühle“, auf meinen Nacken.

Verratet mir dafür nur in den Kommentaren, welche der vorgestellten Themen am meisten interessieren! Entschieden wird per Los. Das Gewinnspiel läuft bis zum 15. September 2022, Mitternacht. (Das Gewinnspiel ist abgelaufen!)

 
Hier die Daten zum Buch:
Klima im Kopf / Katharina van Bronswijk
Angst, Wut, Hoffnung: Was die ökologische Krise mit uns macht
ISBN: 978-3-96238-381-7
Hardcover, 208 Seite



Dieser Text enthält reine Herzenswerbung, ich habe mein Exemplar selber gekauft und kaufe auch das Verlosungsexemplar.


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