Cottagecore und Slow Living: Die Cottagy Fairy – Paola Merrill
Wie das oft so ist im Leben: Man trifft sich immer zweimal.
Manches Mal sogar nur digital und dann noch mal auf dem Papier, und das durch puren Zufall. Seit ich in der Südheide wohne und den Großstädten nach über zwanzig Jahren den Rücken zukehrte, wollte ich auch meine Sehgewohnheiten verändern. Und stieß beim YouTube-Stöbern auf eine junge Frau, die einsam in ihrem Cottage in der umwerfend schönen Landschaft des US-Staates Washingtons lebt. Berge, blühende Felder, Wald, so weit das Auge reicht. Tiere, Himmel, Erde: und vor allem wenig Menschen. Das ist mein Traum! Ich brauche Rückzug, ich brauche Natur, ich brauche vor allem keine Menschen. Ihre poetische Ausdrucksweise und ihre beruhigenden Videos und Musik zogen mich magisch an. Richtig, es war die Cottage Fairy, also knowns as Paola Merrill.
Ich darf die Cottage Fairy rezensieren!
Ich tauchte ein in die Videos, tauchte ein in ihre Form der Naturerfahrung, ihre Blütensammlerei, ihre Rezepte und natürlich in unsere gemeinsame große Leidenschaft, die Bücher. Auch ich streife mit meinem Hund nun nicht mehr über Asphalt, sondern um die Seen, im Wald umher oder pflücke Blumen im Garten oder am Wegesrand.
Und dann kam die Mail vom Verlag: die Buchempfehlung „Die Cottage Fairy“ von der Autorin Paola Merrill. Hier, rief ich sofort, ich will das Buch unbedingt rezensieren!
Bei mir eine Heimat gefunden: Die Cottage Fairy
Und nun steht es da, das Buch von Paola. Ich entdecke so viele Gemeinsamkeiten und doch weckt es auch noch mehr Sehnsucht nach noch viel mehr Natur und noch mehr Abgeschiedenheit und, ja, nach dem eigenen Buchladen, von dem ich schon ewig träume.
Gemeinsamkeiten fand ich auch bei psychischen Erkrankungen und meinem heillosen Burnout, der mich auch nach acht Jahren nicht loslässt, zur Tochter, die auch ich mit 28 bekam, zu dem Hund, den wir beide lieben. Sie wohnt in der Nähe des Ortes, der fünfhundert Personen beherbergt. Mein neuer Ort zählt um die sechshundert Seelen. Ich bin umgeben von Heideflächen, Seen und Wäldern. Allerdings, das muss ich wehmütig sagen, ist mein Ort viel touristischer und es sind viel mehr Menschen unterwegs. Ich würde sofort mit ihr tauschen.
Die Fairy in meinem Lavendel-Garten
Die housefairy wird zur Cottage Fairy
Ich jedenfalls stieß schnell nach unserem Umzug im letzten Jahr auf ihren Kanal. Ich schaute mir auch ihre alten Videos an, in denen sie viel hemdsärmeliger, kürzer und noch bescheidener auftritt. Damals hieß sie noch housefairy. Schnell wurde sie mutiger, zeigte sich mehr, zeigte ihre poetische Sprache. Wählte schöne Klänge aus. Und ihre Zuschauer*innen wuchsen. Sie begann, auch persönliche Inhalte zu teilen. Aber immer nur ein Blick in ihr Leben, nie als show-off.
Das zeigt sich auch im Buch. Es gibt „ein bisschen über mich“. Aber ganz viel Cottagecore, Sinniges und Weisheiten, über das Lernen und das Loslassen, zulassen und wie es ist, Kontrolle abzugeben. Wenn man wie sie inmitten von Wäldern lebt, die regelmäßig im Sommer Feuer fangen, dann muss man lernen, das zulassen zu können. Wir haben wenig unter Kontrolle, Paola hat das durch Naturgewalten erleben können und lässt uns an ihrem Prozess des Loslassens teilhaben.
Rezepte, Deko und Slow Living-Tipps
Im Buch zeigt sie uns auch liebgewonnene Rezepte, wie ihren Fliederblüten-Tee. Ich liebe Fliederduft, seit ich Kind bin, und habe erst durch das Buch erfahren, dass ich die zarten Blüten als Aufguss nutzen kann. Auch ihre lateinamerikanische Heimat lässt sie in ihre Rezepte miteinfließen und verzaubert mit weihnachtlichem Coquito den Winter.
Meine kleinen Schätze von Spaziergängen: Feldblumen und Buchkisten-Funde
Wunderschöne Naturdeko zeigt sie uns. Wer in der Stadt wohnt und das Natürliche vermisst, der kann relativ einfach ein wenig Naturdeko unter ihrer Anleitung selber herstellen. Wie Blütenkränze, Ornamente oder Orangengirlanden. Und wer wie ich die Fülle der Natur direkt vor der Haustür hat, der kann die täglich gesammelten Schätze direkt verwandeln und das ganze Haus damit zieren. Im Buch sind die Kapitel nach Jahreszeiten unterteilt. Deko für Frühling, Herbst oder Winter, und Rezepte von kühlend zu wärmend ergänzen je nach Jahreszeit und Wetter das Naturerlebnis zu Hause. Besonders freue ich mich auf das Ausprobieren der gefrorenen Eiszapfen-Ornamente. Ob das bei mir klappt? So kalt sind die Winter ja leider nicht, aber bei Frost werde ich sofort loslegen.
Die introvertierte Cottage Fairy
Besonders introvertierte Menschen zieht es zur Cottage Fairy, gerade sie werden im Buch ansprechende Tipps finden. In unserer lauten Zeit finden introvertierte Menschen oft keinen Halt, Paola beschreibt ihr eigenes, in sich gekehrtes Wesen ohne großen Freundeskreis oder soziale Kontakte. Und wie alleine sein für sie keine Einsamkeit ist, sondern sie erfüllt. Das kann ich gut nachvollziehen, denn auch ich tanke eher in Stille und Natur auf, als in Gesellschaft.
Gleichwohl Paola mit ihrem Mann Luke zusammenzog, und nun mit ihrer kleinen Tochter leben, sie leben inmitten der Natur, nach wie vor. In ihrem Cottage hatte die Fairy keine Internetverbindung, das stellt ein Segen dar, für den entschleunigten Weg. Für ein wirklich achtsames Leben. Nur in ihrem kleinen Ort konnte sie sich ihre Serien oder Podcast herunterladen, schreibt sie. Himmlisch! Ich kenne das von Urlauben auf Inseln wie Langeoog, wo einfach keine Internetverbindung ist, und wo ich im Dorfzentrum versuchte, Serien zu laden, was nicht geklappt hat, und das war am Ende gut. Ich bin viel zu oft on. Selbst, wenn ich aufräume oder koche, nebenbei laufen gerne mal Serien. Das Gegenteil vom Slow Living. Da muss ich wohl nochmal die innere Cottage Fairy channeln und das ändern. Zeichnen kann ich nicht, aber im Garten kann ich arbeiten. So wie Paola habe ich große Freude daran gefunden, Pflanzen zu studieren und ich weite das noch aus. Ich bin fasziniert von all den Krabbeltieren und Lebewesen, die mir in meinem wilden Garten begegnen.
Gerne würde ich zeichnen können und kreativ sein, all die schönen Illustrationen im Buch und in ihrem Etsy-Shop sind einfach wunderschön. Hach! Ich kann aber keinen Stift geradeaus halten, so bleibt mir nur das Bewundern von Paolas wunderschön-filigranen Zeichnungen. Ich zelebriere dafür in der kreativen Natur-Küche.
Wildkräuter und Beeren aus meinem Garten – junie’s slow living
Slower Living – Es ist am Ende dein Tempo
Eine kleine Anmerkung: Ich glaube nicht, dass Paola ein super simples, einfaches Leben führt. Dazu ist sie (oder war sie vor der Geburt ihres Kindes) viel zu umtriebig auf ihrem Kanal und als Autorin und Künstlerin. Filmen, schneiden, vertonen, mit Musik unterlegen, editieren, hochladen, kommentieren, Instagram bespielen und dann noch zeichnen, einen Etsy-Shop betreiben. Das alles braucht viel Zeit. Sie ist zudem perfektionistisch und gut ausgebildete Literatin. Das schüttelt sie alles nicht mal so eben aus dem Handgelenk. Auch du musst das also nicht. Sie hat einfach viel Tempo aus dem Leben genommen. Und das kannst du auch: finde kleine Pausen im Leben. Sieh die Magie im Alltag, und bring ein wenig Romantik in dein Leben, in dem du gut zu dir bist. Probiere Paolas Rezepte, fang an zu zeichnen, oder versuche eine Deko-Idee von ihr. Oder beginne wie sie, Gedichte zu schreiben! Alles in alle mein Fazit: ein schönes Buch, mit viel Persönlichkeit, Inspiration und eine tolle Ergänzung zum Kanal.
Über Paola:
Paola Merrill ist in Puerto Rico geboren und zog von dort über Irland, Italien und Kuba in den Staat Washington. Dort begann sie ihren YouTube-Kanal und eröffnete ihren Buchladen und begann zu schreiben. Heute lebt sie mit Mann, Tochter und Tieren zusammen.
Über das Buch:
Die Cottage Fairy von Paola Merrill
ISBN: 978-3-7474-0698-4
Hardcover, 176 Seiten
mvgverlag